Utopie, ein schillerndes Wort. Der Nichtort, der zugleich der gute Ort sein soll. Als wäre Nichtsein gleichbedeutend mit Gutsein. Wie nihilistisch! Dabei liegt hier eine Sinnverschiebung vor – der gute Ort müsste Eutopie heißen. Eu-/Dys– : gut/schlecht. In unseren Gesellschaftsentwürfen derweil herrscht der Gegensatz Utopie/Dystopie. Ein nur scheinbarer Gegensatz, zumal beide Wörter mit einem einzigen Wort zu übersetzen wären: Unort.
Denn im Deutschen kann das Un– ein Wort im tieferen Sinne umwerten: Unwesen, Unding, Untat. Es kann einen wertfreien Begriff nicht nur rein mathematisch negieren, sondern ins moralisch Negative ziehen, ja ins Ungeheuerliche. Ein derart vernichtendes Nicht lässt paradoxerweise keine Leere entstehen, nein, dieses Nichtsein als Schlechtsein steigert sich zur dunklen Gegengröße. Kein Weg führt aus der schattenhaften Weite des Unorts heraus.
Und so gesehen ist Utopie ein Unwort.