HARZ, der. Hoch im nördlichen Teutschland, da, wo die Flächen endigen, erhebt sich ein Gebirge, das die Natur einst augenscheinlich als Damm gegen die Fluthen des Meers vorstrekte, dessen Wellen sich an ihm brachen. Es ist der Harz – Haardt oder Wald; so bezeichneten die alten Germanen […] die ungeheure Waldmasse, die den ganzen mittlern Theil ihres Vaterlandes bedeckte und vom Sudetsch bis zum Rheine, von der Donau bis zum teutschen Meere reichte: in Hercynia (s. den Artikel) verstümmelten diesen Namen die Römer. Aber der jetzige Harz ist nur der nördliche Überrest dieser Waldmasse: die Kultur hat die niedrigen Zwischenräume zwischen seinen verschiedenen Gebirgszügen gelichtet, Fichtelberg, Thüringerwald, Wesergebirge isoliert und außer Zusammenhang mit dem Reste, der den Namen Harz fortführt, gesetzt […]
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Wenn auch die Natur des Harzes nicht die kolossale der Alpen ist, seine Kuppen nur zu denen des vierten oder fünften Ranges gehören, und lange nicht die Gränze des ewigen Schnees erreichen: so wechselt doch im Ganzen in seinem Gebirgsbau eine unendliche Mannichfaltigkeit, und er enthält Partien, die einzig in ihrer Art sind. Darum und weil er als der letztre in der Reihe der germanischen Gebirge dasteht, ist auch keins derselben, wird noch jetzt keins derselben so häufig bereiset und besucht, ist keines ausführlicher beschrieben und genauer untersucht.
(J. S. Ersch und J. G. Gruber, Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste in alphabetischer Folge, Leipzig 1828)
Ein „Bindeglied deutscher Geschichte“ ist der Harz von einem guten Kenner seiner historischen Entwicklung einmal genannt worden. Gewiß gibt es auch andere Regionen, deren Geschichtsablauf eine solche Kennzeichnung rechtfertigen würde; doch in der Tat spiegelt der Harzraum in vielen Abschnitten seiner Vergangenheit auf exemplarische Weise wesentliche Themen und Tendenzen der allgemeinen deutschen Geschichte wieder – von der Blütezeit des hochmittelalterlichen Reichs über die Epoche kleinstaatlicher Zerrissenheit bis hin zur deutschen Teilung in unseren Tagen.
(Dieter Brosius, „Geschichte des Harzraums“, Der Harz, Schriftenreihe d. Nieders. Landeszentrale f. polit. Bildung, 1990)